Kommission: Millionen-Bußgeld wegen gelöschter Whatsapp-Nachrichten während Durchsuchung | Fieldfisher
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Kommission: Millionen-Bußgeld wegen gelöschter Whatsapp-Nachrichten während Durchsuchung

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Die Europäischen Kommission (Kommission) hat International Flavors & Fragrances (IFF) eine Geldbuße in Höhe von 15,9 Millionen Euro auferlegt. Das Unternehmen hatte eingeräumt, dass ein leitender Angestellter während einer Durchsuchung WhatsApp-Nachrichten an einen Konkurrenten absichtlich gelöscht hatte.

IFF ist ein amerikanisches Unternehmen, das Produkte in diversen Kategorien wie Ernährung, Textur und Duft herstellt und weltweit vertreibt. Es hat seinen Hauptsitz in New York City und bedient Märkte in 44 verschiedenen Ländern. Das Unternehmen ist Mitglied des S&P 500 Index.

Die Untersuchung eines mutmaßlichen Duftstoffkartells, die im März 2023 eingeleitet wurde und sich auch gegen die Schweizer Unternehmen Givaudan und Firmenich International sowie das deutsche Unternehmen Symrise richtet, dauert noch an.

Absichtlich gelöschte Nachrichten während unangekündigter Razzia

Der Vorfall ereignete sich im März 2023, als die EU-Wettbewerbshüter eine Razzia in den Geschäftsräumen mehrerer in der Duftstoffbranche tätiger Unternehmen durchführte. Im Rahmen der Nachprüfung durchsuchten die Beamten der Kommission auch die Mobiltelefone einiger Mitarbeiter von IFF. Dabei stellten sie fest, dass ein leitender Mitarbeiter mit einem Wettbewerber ausgetauschte WhatsApp-Nachrichten über geschäftsbezogene Informationen gelöscht hatte. Die Löschung durch den Mitarbeiter erfolgte während der noch laufenden Razzia.

Als die Beamten dies feststellten, erkannte IFF den Sachverhalt unverzüglich an und kooperierte während und nach der Durchsuchung proaktiv mit der Kommission. Dem Nachprüfungsteam der Kommission gehören Experten für forensische IT an, die bei Nachprüfungen Löschungen oder Manipulationen elektronischer Informationen aufdecken können. Die Kommission erklärte, sie habe die gelöschten Daten – unter Kooperation des Unternehmens – wiederherstellen können.

Reduzierung der Geldbuße trotz schwerwiegender Zuwiderhandlung

Die Kommission ist befugt, Geldbußen von bis zu 1 % des Gesamtumsatzes von Unternehmen festzusetzen, wenn diese vorsätzlich oder fahrlässig kartellrechtliche Nachprüfungen behindern.

Vorliegend ist die Kommission der Auffassung, dass das Verhalten von IFF eine sehr schwerwiegende Zuwiderhandlung darstellt. Insbesondere, weil der leitende Mitarbeiter die WhatsApp-Nachrichten vorsätzlich gelöscht hatte, nachdem er über die Nachprüfung der Kommission informiert worden war. Außerdem wurde die Löschung der Daten der Kommission nicht mitgeteilt, sondern von den Nachprüfern entdeckt, nachdem sie das Mobiltelefon zur Überprüfung erhalten hatten. Daher ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass eine Geldbuße in Höhe von 0,3 % des Gesamtumsatzes von IFF sowohl angemessen als auch abschreckend wäre.

Gleichzeitig hat die Kommission beschlossen, die proaktive Zusammenarbeit von IFF während und nach der Nachprüfung positiv zu berücksichtigen. Die Kommission hat deshalb beschlossen, die Geldbuße um 50 % herabzusetzen und eine Geldbuße in Höhe von 15,9 Mio. EUR zu verhängen, was respektive 0,15 % des Gesamtumsatzes von IFF entspricht.

"Der heutige Beschluss über die Verhängung einer Geldbuße gegen IFF stellt unter Beweis, dass wir Handlungen, die die Wirksamkeit unserer Nachprüfungen beschränken könnten, nicht tolerieren werden. Wir werden solche Behinderungen verfolgen und streng ahnden", sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager.

Einordnung und Praxishinweise

Die Entscheidung zeigt, wie wichtig die Vorbereitung von Unternehmen auf Dawn Raids ist. Auch in den Niederlanden wurde in der Vergangenheit bereits ein Bußgeld verhängt wegen der Löschung von WhatsApp Nachrichten während einer Durchsuchung. Andere Bußgeldfälle betrafen etwa den Bruch eines Siegels während einer Durchsuchung. Die internen Checklisten der Unternehmen sollten solche Fälle aufgreifen, damit die Mitarbeiter entsprechend instruiert sind.

Die Wettbewerbshüter der EU sind befugt, Nachprüfungen in den Räumlichkeiten von Unternehmen, die eines Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln verdächtigt werden, durchzuführen. Unternehmen sind sodann verpflichtet, solche Nachprüfungen auch zu dulden. Sie müssen mit besonderer Sorgfalt agieren und alle zweckdienlichen Maßnahmen ergreifen, um die ihnen zur Verfügung stehenden Beweise zu sichern. Nachprüfer sind befugt, die Geschäftsbücher und sonstigen Geschäftsunterlagen, unabhängig davon, in welcher Form sie vorliegen, zu prüfen und Kopien zu erstellen. Whatsapp-Chatverläuft dürfen demnach ebenfalls "durchsucht" werden und müssen gegebenenfalls vom Unternehmen aufbewahrt und bereitgestellt werden.

 

Weiterführende Links

Pressemitteilung der Kommission (24. Juni 2024)

Landingpage zur Ermittlung in der Duftstoffindustrie (Fall-Nr. AT.40825 "Consumer Fragrances")

Pressemitteilung der niederländischen Kartellbehörde im Jahr 2019

Spezialgebiete

Kartellrecht