Bundeskartellamt gibt grünes Licht für Nachhaltigkeitsinitiative im Pflanzenhandel | Fieldfisher
Skip to main content
Insight

Bundeskartellamt gibt grünes Licht für Nachhaltigkeitsinitiative im Pflanzenhandel

Locations

Germany

Das Bundeskartellamt (BKartA) hat keine durchgreifenden Einwände gegen die Einführung eines Mehrwegsystems im Pflanzenhandel. Die Euro Plant Tray eG – ein genossenschaftlicher Zusammenschluss aus verschiedenen Unternehmen des europäischen Pflanzenhandels, der Pflanzenproduktion sowie Branchenverbände – hatte das BKartA um die kartellrechtliche Bewertung eines geplanten gemeinsamen Mehrwegsystems gebeten. Die Kartellbehörde gab nun grünes Licht für die Nachhaltigkeitsinitiative.

Das Projekt Euro Plant Tray

Derzeit werden Pflanzen auf dem europäischen Markt entlang der verschiedenen Wertschöpfungsstufen üblicherweise in Einwegträgern aus Plastik, sogenannten Trays, vertrieben. Die Euro Plant Tray eG hat das Ziel, diese Einwegträger durch ein Mehrwegsystem für den B2B-Transport von Topfpflanzen zu ersetzen. Dadurch soll Plastikmüll reduziert werden. Doch auch Vereinbarungen über Nachhaltigkeitsstandards können den Wettbewerb einschränken und als koordiniertes Verhalten unter das Kartellverbot fallen. Daher musste die vereinbarte gemeinsame Nutzung von Mehrweg-Trays für Pflanzen durch verschiedene Marktteilnehmer seitens des BKartA überprüft werden.

„Nachhaltigkeitsinitiativen müssen sich auch an den Maßstäben des Kartellrechts messen lassen." gibt Andreas Mundt, Präsident des BKartA, zu bedenken. Jedoch verfolge das Projekt Euro Plant Tray mit der Reduzierung von Plastikmüll im Pflanzenhandel nicht nur ein sehr sinnvolles Ziel, so Mundt, sondern es stehe in der jetzigen Form auch im Einklang mit dem Wettbewerb. "Das Projekt ist ein weiteres Beispiel für eine Nachhaltigkeitsinitiative, bei der das Bundeskartellamt die Unternehmen darin unterstützt, die kartellrechtlichen Rahmenbedingungen einzuhalten. Nachhaltigkeit braucht funktionierenden Wettbewerb, der – auch längerfristig – für Innovationen sorgt sowie unangemessene Preiserhöhungen und Qualitätsminderungen verhindert.“

Für die Unterstützung des Projekts durch das BKartA in unveränderter Form war insbesondere entscheidend, dass die Abstimmung und der Informationsaustausch zwischen den Marktteilnehmern auf das für die Einführung und den Betrieb des Mehrwegsystems notwendige Maß beschränkt wurden. Unternehmensindividuelle, strategische Daten werden von neutralen Dritten gesammelt und den Projektteilnehmern nur in akkumulierter und aggregierter Form zugänglich gemacht. Wettbewerbsrechtlich war außerdem relevant, dass die Teilnahme am Mehrwegsystem der Euro Plant Tray eG freiwillig ist und allen Marktteilnehmern der verschiedenen Wertschöpfungsstufen, auch Nicht-Mitgliedern der Euro Plant Tray eG, offensteht. Mitglieder können zudem weiterhin Trays anderer Anbieter nutzen.

Kommentar

Immer mehr Branchen sehen sich aus ideellen, aber auch rechtlichen Gründen – man denke an das Lieferkettengesetz – dazu angehalten, Nachhaltigkeitserwägungen in ihre Geschäftsentscheidungen einfließen zu lassen. Nachhaltigkeitsinitiativen bestehen häufig aus Absprachen zwischen konkurrierenden Unternehmen über strategisch relevante, wettbewerbsbezogene Themen. Daher müssen diese Unternehmen die kartellrechtlichen Vorgaben beachten. Das BKartA bietet hierzu Hinweise und Orientierung, um sicherzustellen, dass Nachhaltigkeitsziele im Einklang mit dem Wettbewerb erreicht werden. Beispiele für solche Initiativen, die das BKartA kürzlich überprüft hat, sind die Initiative nachhaltiger Kakao, die Initiative Tierwohl und die Initiative für existenzsichernde Löhne bei Bananen.

Auch in der Europäischen Union hat sich der rechtliche Rahmen für die Bewertung von Nachhaltigkeitsinitiativen weiterentwickelt. Die Europäische Kommission veröffentlichte am 1. Juni 2023 neue Leitlinien zur kartellrechtlichen Bewertung von Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, die nun auch ein Kapitel zum Umgang mit Nachhaltigkeitsinitiativen enthalten. Zudem trat am 7. Dezember 2021 Artikel 210a der Verordnung über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse (GMO) in Kraft, der unter bestimmten Bedingungen eine Kartellrechtsausnahme für Nachhaltigkeitsvereinbarungen von Erzeugern landwirtschaftlicher Produkte vorsieht. Diese Ausnahme wird vom Bundeskartellamt in seinen Fällen berücksichtigt. Im Dezember 2023 veröffentlichte die EU-Kommission auch Leitlinien zur Anwendung von Artikel 210a GMO.

Fieldfisher wird noch diesen Frühsommer ein Webinar zum Thema Nachhaltigkeitsinitiativen anbieten.

Quellen

Das Bundeskartellamt wird in Kürze einen Fallbericht veröffentlichen.
Pressemitteilung des Bundeskartellamts vom 08.05.2024

Spezialgebiete

Kartellrecht