Behinderung des grenzüberschreitenden Handels in der EU: Geldbuße von 337 Millionen Euro für Mondelēz | Fieldfisher
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Insight

Behinderung des grenzüberschreitenden Handels in der EU: Geldbuße von 337 Millionen Euro für Mondelēz

Lea Josten
27.05.2024

Locations

Germany

Am 23. Mai 2024 hat die Europäische Kommission (Kommission) eine Geldbuße von 337,5 Millionen Euro gegen den US-Konzern Mondelēz International, Inc. (Mondelēz) verhängt, weil das Unternehmen den grenzüberschreitenden Handel mit Schokolade, Keksen und Kaffeeprodukten zwischen den Mitgliedstaaten behindert habe.

Mondelēz sei unteranderem an zweiundzwanzig wettbewerbswidrigen Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen beteiligt gewesen, die zwischen 2006 und 2020 stattgefunden und allesamt EU-Märkte betroffen hätten. Zudem habe das Unternehmen seine marktbeherrschende Stellung missbraucht, indem es Lieferverweigerungen und Liefereinstellungen auf bestimmten nationalen Märkten für den Verkauf von Schokoladentafeln vorgenommen habe.


Unternehmen

Mondelēz mit Hauptsitz in den USA ist einer der weltweit größten Hersteller von Schokolade und Keksen. Zu seinem Portfolio gehören bekannte Schokoladen- und Keksmarken wie Côte d'Or, Milka, Oreo, Ritz, Toblerone und TUC sowie bis 2015 Kaffeemarken wie HAG, Jacobs und Velours Noir.


Entscheidung der Kommission

Die Kommission nahm im Rahmen einer Initiativuntersuchung im November 2019 unangekündigte Nachprüfungen in den Geschäftsräumen von Mondelēz in Österreich, Belgien und Deutschland vor und leitete im Januar 2021 ein förmliches Verfahren ein. Die hierauf folgende Entscheidung der Kommission erfolgte nun am 23. Mai 2024.

Nach Ansicht der Kommission habe Mondelēz gegen EU-Kartellrecht verstoßen, indem das Unternehmen an zweiundzwanzig wettbewerbswidrigen Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen beteiligt gewesen sei. Diese umfassten die Begrenzung der Gebiete oder Kunden von Großhändlern, die Produkte von Mondelēz weiterverkauften. Eine Vereinbarung habe eine Bestimmung enthalten, die den Kunden anordnete, für Ausfuhren höhere Preise zu verlangen als für Inlandsverkäufe. Zudem seien zehn EU-weit tätige Alleinvertriebshändler daran gehindert worden, ohne vorherige Genehmigung von Mondelēz auf Verkaufsanfragen von Kunden in anderen Mitgliedstaaten zu antworten.

Die Kommission stellte außerdem fest, dass Mondelēz zwischen 2015 und 2019 seine beherrschende Stellung missbraucht habe. Das Unternehmen habe die Lieferung an einen Verkäufer verweigert, um den Weiterverkauf von Schokoladentafelprodukten in den Gebieten Österreich, Belgien, Bulgarien und Rumänien zu verhindern, in denen die Preise höher gewesen seien. Zudem habe Mondelēz die Lieferung von Schokoladentafelerzeugnissen in den Niederlanden eingestellt, um eine Einfuhr nach Belgien zu verhindern, wo Mondelēz diese zu höheren Preisen verkaufe.

Diese Praktiken hinderten nach Ansicht der Kommission Einzelhändler daran, Produkte in Mitgliedstaaten mit niedrigeren Preisen frei zu beziehen. Mondelēz habe so verhindern wollen, dass der grenzüberschreitende Handel zu Preissenkungen in Ländern mit höheren Preisen führe. Diese illegalen Praktiken hätten es dem Unternehmen ermöglicht, weiterhin höhere Preise für seine eigenen Produkte zu verlangen, was letztlich den Verbrauchern in der EU schadete.


Hintergrund der Entscheidung

Hintergrund der Geldbuße waren für die Kommission einerseits Beschränkungen des Parallelhandels, die nach Artikel 101 AEUV verboten sind und die nach ihrer Ansicht zu den schwerwiegendsten Wettbewerbsbeschränkungen zählen. Durch solche Beschränkungen können Händler daran gehindert werden, dort ihre Produkte zu beschaffen, wo niedrigere Preise bestehen, um sie im Anschluss auf Märkten zu verkaufen, auf denen sie höhere Preise verlangen können. Diese Verfahrensweise führt grundsätzlich zu Preissenkungen für Verbraucher auf den Märkten, wo höhere Preise verlangt werden. Wird dies allerdings durch Hersteller oder Lieferanten beschränkt, kann hierdurch eine Marktabschottung erfolgen, wodurch höhere Preise zum Nachteil der Verbraucher verlangt werden können und zumeist auch die Produktvielfalt auf solchen Märkten leidet. 

Zudem betrifft die Kommissionsentscheidung auch einen Verstoß wegen des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von Artikel 102 AEUV. Hierbei können Lieferverweigerungen unter bestimmten Voraussetzungen, einen Verstoß gegen die Missbrauchsvorschrift darstellen. Zwar steht auch marktmächtigen Unternehmen frei, ihre Geschäftspartner selbst zu bestimmen. Allerdings ist der Abbruch einer bestehenden Geschäftsverbindung grundsätzlich missbräuchlich, sofern nicht objektive Gründe vorliegen, die in einem angemessenen Verhältnis zu der Bedrohung für Kunden und den Wettbewerb stehen. Die Nichtaufnahme von Geschäftsbeziehungen kann dann missbräuchlich sein, wenn eine besondere Verantwortung des marktbeherrschenden Unternehmens für das System eines unverfälschten Wettbewerbs besteht.


Höhe der Geldbuße

Die Kommission berücksichtigte bei der Höhe der Geldbuße, die Schwere und Dauer der festgestellten Zuwiderhandlungen, aber erkannte ebenfalls an, dass Mondelēz im Rahmen des Kooperationsverfahrens mit der Kommission zusammengearbeitet und seine Verantwortung für den Verstoß ausdrücklich anerkannt habe. Aus diesem Grund gewährte die Kommission Mondelēz eine Ermäßigung der Geldbuße um 15 %.

Ein solches Kooperationsverfahren betrifft Situationen außerhalb von Kartellen, in denen Unternehmen bereit sind, ihre Verantwortlichkeit für eine Zuwiderhandlung gegen die EU-Wettbewerbsregeln anzuerkennen. Unternehmen können zudem freiwillig Beweise vorlegen oder bei der Gestaltung und Umsetzung von Abhilfemaßnahmen helfen. Dies ermöglicht es der Kommission, eine Ermäßigung der Geldbußen vorzunehmen. Die Kommission prüft jedoch im Einzelfall, ob ein eine Zusammenarbeit geeignet ist. Unternehmen sind weder berechtigt noch verpflichtet, eine solche Zusammenarbeit einzugehen.

Link zur Pressemitteilung der Kommission